«Ich möchte eine Brücke zwischen Software und Hardware bauen»
Lana Josipović ist Assistenzprofessorin und Leiterin der Gruppe für digitale Systeme und Entwurfsautomatisierung (DYNAMO) am Labor für Computertechnik und Netzwerke (TIK) des D-ITET. In unserem Interview spricht sie über ihre Forschung sowie ihren brandneuen Kurs «Synthese digitaler Schaltungen», und sie erklärt, wie motivierte Studierende sie inspirieren.
Prof. Josipović, was ist Ihr Hauptforschungsgebiet?
Ich arbeite an der Automatisierung des Elektronikdesigns: Werkzeuge und Techniken für den automatisierten und schnellen Entwurf digitaler Schaltungen. Allzweck-CPUs, wie wir sie in unseren Laptops haben, bieten nicht mehr die Leistungssteigerung, die wir brauchen. Eine Alternative sind Hardware-Beschleuniger: digitale Schaltungen, die für eine bestimmte Rechenaufgabe konzipiert sind und diese mit hoher Leistung und Energieeffizienz ausführen können. Das Problem ist jedoch, dass die Entwicklung qualitativ hochwertiger Schaltungen äusserst schwierig ist: Nur eine begrenzte Anzahl von Hardwareexperten verfügt über das erforderliche Wissen. Ausserdem ist der Entwurfsprozess extrem langsam. Daher entwickelt meine Gruppe verschiedene Techniken, um diesen Hardware-Entwurfsprozess zu vereinfachen und zu beschleunigen, damit verschiedene Benutzer von der Hardware-Beschleunigung profitieren können.
Wie sind Sie zu Ihrem Forschungsgebiet der Automatisierung von Elektronikdesigns gekommen?
Während meines Masterstudiums der Elektrotechnik in Zagreb bewarb ich mich für ein Praktikum an der EPFL und landete sozusagen zufällig in dem Labor, das sich mit FPGAs, einer bestimmten Art von programmierbaren Hardware-Beschleunigern, beschäftigte. Und die Arbeit mit FPGAs hat mir wirklich Spass gemacht! Mir gefiel, dass dieses Gebiet verschiedene Elemente der Informatik und der Elektrotechnik miteinander verbindet. Ich blieb während meines Promotionsstudiums im selben Labor und arbeitete weiter in diesem Bereich.
Was fasziniert Sie an der Elektrotechnik?
Ich mochte schon immer Physik und Mathematik, und ich war unschlüssig, ob ich Physik oder Elektrotechnik studieren sollte. Letztendlich habe ich mich aber für Elektrotechnik entschieden, weil ich das Gefühl hatte, dass es mir die Möglichkeit geben würde, verschiedene Themen zu erforschen und mir die Türen zu verschiedenen Berufen zu öffnen. Das gesamte Studium hat mir Spass gemacht, und ich fand sowohl die praktischen als auch die theoretischen Aspekte der Elektrotechnik sehr faszinierend.
Welche Auswirkungen hat Ihre Forschung auf die Gesellschaft? Und was sind derzeit die grössten Herausforderungen in Ihrem Forschungsbereich?
Da unsere Rechenanforderungen ständig steigen, gibt es immer mehr gross angelegte Anwendungen, die sehr schnell und unter strengen Energiebeschränkungen laufen müssen. Meine Forschung soll es den Menschen in verschiedenen Anwendungsbereichen ermöglichen, von der Parallelität und Energieeffizienz zu profitieren, die Hardwarebeschleuniger bieten.
Die grösste Herausforderung bei der Automatisierung des Elektronikdesigns besteht darin, dass die Denkweise über Software (z. B. Programmierung in C++) eine völlig andere ist als die im Hardwaredesign (z. B. Programmierung in Low-Level-Hardware-Sprachen wie VHDL). Wir müssen ein gutes Programmiermodell finden, das für die Benutzer intuitiv ist, ihnen aber auch erlaubt, wichtige Hardwareeigenschaften und Parallelität auszudrücken. Ausserdem müssen unsere Schaltungen durchgängig die korrekte Funktionalität bieten, die der Programmierer benötigt; wir müssen in der Lage sein, den Kompilierungsprozess von der Software zur Hardware sowie die dabei entstehenden Schaltungen zu überprüfen. Ausserdem haben die heutigen Hardwareplattformen (z. B. FPGAs) noch immer einige grundlegende Einschränkungen. Wir müssen unsere Hardwareplattformen überdenken und sicherstellen, dass sie für die sehr unterschiedlichen Anwendungen geeignet sind, die Softwareprogrammierer benötigen.
«Meine Forschung soll dazu beitragen, dass Menschen in verschiedenen Anwendungsbereichen von der Parallelität und Energieeffizienz profitieren können, die Hardware-Beschleuniger bieten.»Prof. Lana Josipović
An welcher Art von praktischen Anwendungen arbeitet Ihre Gruppe?
Die Techniken, die wir entwickeln, sind im Allgemeinen anwendbar, aber wir haben einige interessante Anwendungsfälle, auf die wir uns derzeit konzentrieren. So arbeiten wir beispielsweise mit Physikern des CERN zusammen, die FPGAs in ihrem Collider einsetzen müssen. Für sie ist es jedoch eine Herausforderung, diese Bausteine bestmöglich zu nutzen und die benötigte Leistung zu erzielen. Wir helfen ihnen, indem wir Compiler und Tools bereitstellen, mit denen sie diese Aufgabe leicht bewältigen können.
Was sind Ihre langfristigen Ziele?
Mit meiner Forschung möchte ich die grosse Kluft zwischen Software und Hardware überbrücken und Hardware-Beschleunigung für Nutzer mit unterschiedlichem Hintergrund zugänglich machen.
Wie fühlt es sich an, so jung eine akademische Laufbahn eingeschlagen zu haben? Hätten Sie einen anderen Karriereweg in Betracht ziehen können?
Ich habe jeden Aspekt meines Doktoratsstudiums genossen: Forschung, Lehre und das akademische Umfeld im Allgemeinen. Ich war mir sehr sicher, dass ich in der akademischen Welt bleiben wollte, und deshalb habe ich mich nur auf akademische Stellen beworben und nur solche ausgewählt, von denen ich wusste, dass ich sie gerne antreten würde. Ich bin sehr dankbar, dass ich diese Stelle an der ETH bekommen habe, denn sie stand definitiv ganz oben auf meiner Liste. Natürlich ist es eine grosse Umstellung, von einer Doktorandin zu einer Assistenzprofessorin zu werden. Vor allem habe ich jetzt viel mehr Verantwortung als vorher und neue Aufgaben in Forschung, Lehre und Mentoring. Gleichzeitig mache ich all die Dinge, die ich in meiner Doktorandenzeit mochte, nur in verstärktem Masse, so dass ich sie noch mehr mag!
Arbeiten Sie mit anderen Personen am D-ITET oder anderen Departementen der ETH Zürich zusammen?
Da meine Forschung zwischen Informatik und Elektrotechnik angesiedelt ist, gibt es viele Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit Gruppen im D-INFK und D-ITET. Vor kurzem habe ich an einem Projekt mit Gustavo Alonso vom D-INFK gearbeitet, und ich hoffe, dass ich auch mit Torsten Hoefler zusammenarbeiten kann. Auf der Seite des D-ITET prüfe ich Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit Luca Benini und Onur Mutlu, da sie meinem Forschungsgebiet sehr nahe stehen. In diesem Herbstsemester unterrichtete ich einen Kurs mit Laurent Vanbever und Roger Wattenhofer, die ebenfalls vom TIK-Institut kommen.
Wie gefällt Ihnen die ETH als Forschungsinstitution? Was unterscheidet die ETH von der EPFL, an der Sie Ihr Doktorat gemacht haben (in Bezug auf die Hochschulkultur)?
Ich denke, die ETH und die EPFL sind sich kulturell gesehen ziemlich ähnlich; beide sind sehr international, und die Studierenden sind engagiert und intelligent. Alle meine Kolleginnen und Kollegen an der ETH sind sehr freundlich und hilfsbereit, seit ich hier bin. Wenn ich Fragen habe, sind sie immer erreichbar und finden trotz ihrer eigenen verrückten Zeitpläne Zeit für ein Gespräch. Und auch die Studierenden hier sind hervorragend. Irgendwie treiben sie mich sogar an, weil sie so motiviert und interessiert sind, und es ist sehr angenehm, mit ihnen zu arbeiten. Ich habe auch den Eindruck, dass die Studierenden an der ETH eher daran interessiert sind, für ihr Doktoratsstudium hier zu bleiben, und ich schätze diese Kontinuität sehr.
Wie ist Ihre Gruppe zusammengesetzt? Suchen Sie derzeit nach Doktoranden?
Ich habe derzeit zwei Doktoranden, und ein weiterer wird im September anfangen. Ich bin noch auf der Suche nach Studierenden, die eher aus dem Bereich Software oder Hardware kommen können. Es wäre toll, wenn ich irgendwann eine Gruppe von sechs bis acht Doktorierenden hätte. Ich möchte sie jedoch nach und nach einstellen, weil es gut ist, ihnen am Anfang viel Zeit zur Einarbeitung zu widmen.
Welche Kurse unterrichten Sie?
Im Herbstsemester habe ich zusammen mit Roger Wattenhofer und Laurent Vanbever «Diskrete Ereignissysteme» unterrichtet, ein Bachelor-Kurs im fünften Semester. Und für das Frühjahrssemester habe ich einen neuen Kurs mit dem Titel «Synthese digitaler Schaltungen» entworfen. Es handelt sich um einen Masterkurs, der in gewisser Weise mit der Forschung meiner Gruppe zusammenhängt und verschiedene Techniken zur Erstellung von Hardware-Designs lehrt. Im ersten Teil des Kurses werden die Studierenden mit den bereits vorhandenen Werkzeugen, Algorithmen und Techniken vertraut gemacht. Der zweite Teil des Kurses wird mehr forschungsorientiert sein und sich mit Herausforderungen und möglichen Verbesserungen befassen. Wir hoffen, einige Studierende für dieses Gebiet zu interessieren und sie vielleicht irgendwann in unsere Gruppe aufnehmen zu können.
Hat sich die Corona-Pandemie nachhaltig auf Ihre Lehr- und Forschungstätigkeit ausgewirkt?
Es war eine herausfordernde Zeit, die uns zu einer kreativeren Kommunikations- und Arbeitsweise gezwungen hat. Ein positives Ergebnis ist meines Erachtens, dass wir uns an die virtuellen Treffen mit Menschen gewöhnt haben, die weiter weg sind. Für uns ist es jetzt normal, jede Woche mit Leuten zu sprechen, die sich auf der anderen Seite des Planeten befinden. Das Unterrichten war wahrscheinlich die grösste Herausforderung, da es schwierig war, in einer virtuellen Umgebung eine Verbindung zu den Studierenden aufzubauen. Deshalb bin ich natürlich sehr froh, dass wir wieder zur Normalität zurückgekehrt sind.